US-Präsident Joe Biden will seinen wegen des Hurrikans «Milton» verschobenen Deutschland-Besuch schon in wenigen Tagen nachholen – aber in deutlich kleinerem Rahmen. Nach Angaben aus Regierungskreisen und dem Bundespräsidialamt sind für kommenden Freitag Gespräche mit Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Berlin geplant. Der große Ukraine-Solidaritätsgipfel auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz wird aber zunächst nicht nachgeholt.
Biden hatte ursprünglich einen Staatsbesuch mit allen protokollarischen Ehren für den vergangenen Freitag und Samstag geplant, aber dann kurzfristig wegen des Hurrikans abgesagt. Auch ein anschließender Besuch im afrikanischen Angola fiel deswegen aus.
Nun schrumpft der Staatsbesuch, zu dem immer auch ein Staatsbankett und ein Besuch in einem weiteren Bundesland neben der Hauptstadt gehört, zu einem kurzen Arbeitsbesuch in Berlin zusammen. Den Empfang mit militärischen Ehren am Schloss Bellevue und die Pressekonferenz mit Scholz wird es aber wohl geben. Laut «Spiegel» ist weiterhin auch geplant, dass Biden von Steinmeier für seine Verdienste um die deutsch-amerikanische Freundschaft die Sonderstufe des Großkreuzes des Bundesverdienstordens verliehen bekommt.
Noch nicht ganz klar ist, ob das ursprünglich geplante Vierer-Treffen von Scholz und Biden mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem britischen Premierminister Keir Starmer stattfindet. Damit kämen zumindest die vier wichtigsten Verbündeten der Ukraine im Abwehrkampf gegen den russischen Invasoren zusammen.
Aus dem Gipfel in Ramstein mit insgesamt 50 verbündeten Ländern wird aber erst einmal nichts. Das nächste Treffen dort zur militärischen Unterstützung der Ukraine wird wohl wieder auf Verteidigungsministerebene stattfinden. Das Berliner Verteidigungsministerium hofft auf einen Termin noch im Oktober.
Der Besuch stellt das Kanzleramt vor einige Herausforderungen in der Terminplanung. Scholz muss dafür wohl früher von dem für Donnerstag und Freitag geplanten EU-Gipfel in Brüssel nach Berlin zurückkehren. Sein für Samstag geplanter Besuch beim türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Istanbul soll aber wie geplant stattfinden.
Es ist der erste bilaterale Besuch Bidens in Deutschland in seiner knapp vierjährigen Amtszeit. Der US-Präsident hatte zwar 2022 am G7-Gipfel in Elmau teilgenommen und bei anderer Gelegenheit auf der amerikanischen Militärbasis in Ramstein Tankstopps mit seinem Regierungsflieger eingelegt, aber Deutschland keinen Solo-Trip gewidmet. Das will der 81-Jährige nun kurz vor seinem Abschied aus dem Weißen Haus nachholen.
Im Januar scheidet Biden aus dem Amt und wird dann vom früheren Präsidenten Donald Trump oder seiner jetzige Vizepräsidentin Kamala Harris abgelöst. Die Entscheidung darüber fällt am 5. November. Die Wahl könnte auch für die deutsch-amerikanischen Beziehungen erhebliche Folgen haben. Trump hatte Deutschland wegen des deutschen Handelsüberschusses, der aus seiner Sicht zu geringen Militärausgaben und der Gas-Pipeline Nord Stream 2 zwischen Deutschland und Russland massiv Druck gemacht.
Fast zwei Drittel der Deutschen (62 Prozent) erwarten nun nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur eine Verschlechterung der deutsch-amerikanischen Beziehungen, wenn Trump wieder ans Ruder kommt. Nur 10 Prozent meinen, dass sich das Verhältnis Deutschlands zu den USA verbessern wird, wenn der Republikaner die Wahl gewinnt. 19 Prozent erwarten, dass es etwa gleich bleibt.
Sollte die Demokratin Kamala Harris Präsidentin werden, erwarten dagegen nur 9 Prozent eine Verschlechterung der deutsch-amerikanischen Beziehungen. 35 Prozent meinen, das Verhältnis der beiden Nato-Partner würde sich eher verbessern. 44 Prozent gehen davon aus, dass es etwa gleich bleiben würde.
Eine große Mehrheit der Deutschen (63 Prozent) vertritt in der Umfrage die Auffassung, dass Deutschland noch mehr in Verteidigung investieren sollte, um die Abhängigkeit von den USA in diesem Bereich zu verringern. 26 Prozent sind dagegen. Die für 2026 geplante Stationierung der US-Mittelstreckenraketen in Deutschland wird aber von einer Mehrheit von 51 Prozent unterstützt. Nur 37 Prozent lehnen das ab.
Quelle: dpa