Aus unversperrten Autos stehlen, was rumliegt, das ist ein Alltagsdelikt, mit dem sich die Polizei immer wieder befassen muss. Im ersten Halbjahr 2024 ist die Zahl von Diebstählen aus unversperrt abgestellten Autos in mehreren Bayerischen Regierungsbezirken plötzlich gestiegen – und die Spur der Täter führt nach Bamberg.
Verschiedene Täter, immer die gleiche Vorgehensweise und: immer der gleiche Wohnort, das Ankerzentrum in Bamberg. Die Polizei hat eine eigene Ermittlungskommission aufgebaut, die all diese Taten zusammengeführt hat. Heute weiß man, bei den Täter handelte es sich meist um marokkanische Staatsangehörige, die per Bahn ausgeschwärmt sind, um überall in Bayern an Straßen, auf Parkplätzen und in Carports nach unversperrten Autos zu suchen. Mitgenommen haben sie alles, was da war: Zigaretten, Parfum, Geld natürlich und auch Kleidungsstücke.
Gegen 17 marokkanische Staatsbürger wurden Haftbefehle erlassen, zehn sitzen bereits in Untersuchungshaft, sieben sind auf der Flucht und es wird nach ihnen gefahndet.
Hier die Pressemeldung von Polizei und Staatsanwaltschaft
Diebstahl aus Kraftfahrzeugen. Das polizeiliche Schlagwort für ein besonderes Kriminalitätsphänomen, das sich über die Zuständigkeitsbereiche mehrerer Polizeipräsidien zog. Seit der ersten Hälfte des Jahres 2024 schlug dieses Delikt mit über 300 Einzelfällen zu Buche. Zum größten Teil waren die am Straßenrand, auf Parkplätzen oder in Carports abgestellten Fahrzeuge unversperrt, in anderen Fällen wurden sie gewaltsam geöffnet. Die Kriminaldienststellen der zuständigen Polizeipräsidien reagierten selbstverständlich auf die schlagartig angestiegenen Fallzahlen, bildeten Arbeitsgruppen und führten diverse konzentrierte Maßnahmen durch. Einige der ausnahmslos männlichen Täter konnten auf frischer Tat beziehungsweise im Nachgang gefasst werden. Im Zuge dessen stellte sich heraus, dass die Taten schwerpunktmäßig von Bewohnern der Ankereinrichtung, also der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende, in Bamberg begangen wurden. Von dort aus begaben sich die größtenteils marokkanischen Staatsangehörigen vornehmlich per Bahn auf Diebestour durch das gesamte Land und bedienten sich aus den Fahrzeugen. Die Täter gelangten so an unzählige Gegenstände, wie zum Beispiel Mobiltelefone, Zigaretten, Parfum, Bargeld oder Kleidungsstücke. Der Gesamtbeutewert kann nicht genau bestimmt werden, liegt aber jedenfalls im unteren fünfstelligen, der verursachte Sachschaden durch gewaltsames Öffnen der Fahrzeuge sogar im mittleren fünfstelligen Eurobereich.
Der identische Wohnort der Tatverdächtigen war der ausschlaggebende Punkt für die Entscheidung, die Ermittlungen von zentraler Stelle zu führen. Die sonst übliche Verfahrensweise auf dem Gebiet der Strafverfolgung erfolgt nach dem Tatortprinzip, was bedeutet, die Ermittlungen liegen im Aufgabenbereich der jeweils örtlich zuständigen Polizeidienststellen und Staatsanwaltschaften. Um in den vorliegenden Fällen der überregional begangenen Diebstähle die Tatzusammenhänge möglichst deutlich nachvollziehen zu können, die Effektivität der Ermittlungen auf höchstem Niveau zu halten und Zeitverzüge auf ein Minimum zu reduzieren, wurde Mitte Juli 2024 die Ermittlungskommission (EKO) „Carport“ unter der Führung der Kriminalpolizeiinspektion Bamberg ins Leben gerufen. Das Team von insgesamt acht Beamten rekrutierte sich aus Vertretern mehrerer Polizei- und Kriminalpolizeiinspektionen des Polizeipräsidiums Oberfranken. Die Staatsanwaltschaft Bamberg hatte indes die Bereitschaft erklärt, die Sachleitung für die zahlreichen Ermittlungsverfahren von ihrer Behörde aus zu übernehmen. In enger und unkomplizierter Zusammenarbeit wurden von diesem Zeitpunkt an alle Fälle aus dieser Deliktsgruppe mit Tätern aus der Ankereinrichtung oder Hinweisen darauf zusammengeführt und zentral durch die EKO bearbeitet. Damit wurde auf den vorliegenden Ermittlungskomplex nicht das beschriebene Tatortprinzip sondern ein zielführender personengebundener Ansatz verfolgt.
Im Rahmen ihrer Sachbearbeitung hatten es die Ermittler mit insgesamt 25 Personen in über 300 Sachbehandlungen zu tun. Von den auf Antrag der Staatsanwaltschaft mittlerweile 17 erlassenen Haftbefehlen, konnten bislang zehn vollzogen werden. Die zehn Männer sitzen in Untersuchungshaft. Die übrigen Tatverdächtigen sind aktuell flüchtig und daher für die Justiz nicht greifbar. Nach ihnen wird weiterhin gefahndet.
Neben der strukturierten Arbeitsweise der EKO und der ständigen und engen Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft in Bamberg war eine weitere Voraussetzung für den erreichten Erfolg auch die schnelle und akribische Zuarbeit der Ermittler aus den weiteren betroffenen Polizeipräsidien.
Bei einer aktuellen Betrachtung der Lage darf festgestellt werden, dass die Anzahl der Fälle aus dem Phänomenbereich Diebstahl aus Fahrzeugen massiv eingebrochen ist. Nur noch vereinzelt werden Delikte dieser Art festgestellt. Die Arbeit der EKO „Carport“ führte zu einer deutlichen Reduzierung der Straftaten in diesem Bereich. Aus diesem Grund erfolgte nach Absprache zwischen der Kriminalpolizeiinspektion Bamberg, dem Polizeipräsidium Oberfranken und der Staatsanwaltschaft Bamberg die Auflösung der Ermittlungskommission „Carport“ zum 30. September 2024.