Rund ein Viertel der Menschen in Bayern hat eine diagnostizierte psychische Erkrankung. Dies geht aus dem zweiten bayerischen Psychiatriebericht hervor, der der Deutschen Presse-Agentur vorab vorlag. Demnach lag nach den jüngsten Daten aus dem Jahr 2022 für mehr als 2,9 Millionen gesetzlich Versicherte die Diagnose einer psychischen Erkrankung vor – darunter mehr als 300.000 Kinder und Jugendliche. Das entspricht 26 Prozent der gesetzlich Versicherten in Bayern.
«Studien zeigen, dass etwa jeder vierte Heranwachsende psychische Auffälligkeiten hat. Außerdem leidet mehr als ein Viertel der Erwachsenen im Laufe eines Jahres an einer klinisch relevanten psychischen Störung», erläuterte Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU). Im Laufe des Lebens betreffe dies sogar die Hälfte aller Menschen, heißt es ergänzend im Bericht. Frauen seien dabei häufiger betroffen als Männer.
Die direkt durch psychische Erkrankungen verursachten Kosten belaufen sich allein in Bayern auf jährlich rund neun Milliarden Euro. Zudem entstehen den Angaben zufolge indirekte Kosten, etwa durch Produktionsausfälle aufgrund von krankheitsbedingten Fehlzeiten, die die direkten Krankheitskosten um ein Vielfaches übersteigen.
Die meisten Betroffenen werden ambulant versorgt. «Hier bestehen jedoch deutliche regionale Versorgungsunterschiede», heißt es im Bericht. Vielfach gebe es lange, teils mehrmonatige Wartezeiten. Der Fachkräftemangel ziehe sich durch alle Bereiche der Versorgung psychisch Erkrankter.
Bei den Kindern und Jugendlichen stehen bei den ambulanten Fällen die
Entwicklungsstörungen im Vordergrund. Bei den Erwachsenen überwiegen
mit je einem Drittel die neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen sowie die affektiven Störungen, darunter vor allem Depressionen. Es folgen psychische Erkrankungen durch psychotrope Substanzen, also durch Alkohol, Drogen und Psychopharmaka.
2022 gab es in Bayern 1.811 Suizide, ein Anstieg um gut 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im Vergleich zum Durchschnitt der zehn Vorjahre bedeutet dies einen Anstieg um gut neun Prozent. Allerdings gab es von 2022 auf 2023 in Bayern einen leichten Rückgang auf 1.799 Suizide. Die Mehrzahl
aller Selbsttötungen ist den Experten zufolge mit einer psychischen Krisensituation assoziiert.
Psychische Störungen können unterschiedlichste Ursachen haben, von genetischen Faktoren über familiäre Bedingungen bis hin zu Umwelteinflüssen.
Einen großen Einfluss haben soziale Bedingungen wie Armut, Wohnungs- und Arbeitslosigkeit, schwierige Arbeitsverhältnisse, allein Kinder aufzuziehen oder Gewalt- und Diskriminierungserfahrungen.
Aktuelle Krisen wie Kriegsgeschehen, der Klimawandel und die Folgen der Corona-Pandemie belasteten die psychische Gesundheit zudem in besonderem Maße, erläuterte Gerlach. Deutschlandweit hätten Depressionen und Angsterkrankungen zugenommen, ebenso das Empfinden von Einsamkeit. Doch viele Betroffene holen sich auch aufgrund ihrer psychischen Beeinträchtigungen keine Hilfe. Zudem spielt Stigmatisierung noch immer eine wichtige Rolle.
Der zweite bayerische Psychiatriebericht wurde vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit erstellt, unterstützt durch einen ehrenamtlichen Beirat aus Expertinnen und Experten. Er wurde am Montag dem Landtag zugeleitet.
Quelle: dpa