Platz eins in den deutschen Album-Jahrescharts ist wohl wenig überraschend: Die 34-jährige Amerikanerin Taylor Swift kann sich hier mit «The Tortured Poets Department» vor Billie Eilish mit «Hit Me Hard And Soft» auf Rang zwei und Linkin Parks «From Zero» auf Platz drei behaupten.
Die offiziellen deutschen Single-Charts von GfK Entertainment in Baden-Baden führt der 25-jährige Brite Artemas mit «I Like The Way You Kiss Me» an.
Auf den zweiten Rang schaffen es Ayliva und Apache 207 mit «Wunder» – vor Benson Boones «Beautiful Things» auf Platz drei.
Doch wer die langen Listen liest, entdeckt noch mehr Interessantes. Ein paar Gesprächsanregungen:
«The Tortured Poets Department» wurde laut GfK Entertainment fast 300 Millionen Mal gestreamt und hat Platin-Status erreicht. Taylor Swift sei der erste Solo-Act, der drei Alben gleichzeitig in die Top 10 der Jahrescharts bringe. «Zuvor war dieses Kunststück nur der Band The Alan Parsons Project im Jahr 1978 geglückt», ordnete ein Sprecher ein. Taylor Swift ist mit 1,24 Milliarden Abrufen demzufolge auch der meistgestreamte Artist in diesem Jahr insgesamt.
Auch «I Like The Way You Kiss Me» hat Platin-Status erreicht. Der Song wurde den Angaben nach mehr als 157 Millionen Mal gestreamt.
Obwohl die Rapperin Shirin David mit ihrem Song «Bauch Beine Po» den offiziellen Sommerhit 2024 landete, schafft die 29-Jährige es in den Single-Jahrescharts damit nur auf Platz 15. Vielleicht ein Trost: Mit dem Ende Juli erschienenen Song erzielte David laut GfK Entertainment immerhin den ersten deutschsprachigen Sommerhit eines weiblichen Acts überhaupt. Das Lied landete aus dem Stand an der Chartspitze und bescherte ihr den siebten Nummer-eins-Hit – unter weiblichen Solo-Acts ebenfalls ein Rekord.
Einen Platz davor (14) liegt ein Hit, der zwanzig Jahre alt ist: Die britische Sängerin Natasha Bedingfield (43) profitiert dabei unter anderem davon, dass ihre Ballade «Unwritten» Anfang des Jahres im Kino zu hören war. In der Romanze «Wo die Lüge hinfällt» singen die beiden Hauptdarsteller den Song, während sie unter einem Hubschrauber hängen. «Diese Welle der Liebe ist so unfassbar. Ich will einfach nur „Danke“ sagen», hatte Bedingfield damals der Deutschen Presse-Agentur anlässlich der Rückkehr in die Charts gesagt.
Überhaupt nimmt die Zahl weiblicher Acts in den Jahrescharts zu. Bei den Alben ist die Top 10 den Angaben nach mit sieben Platzierungen so weiblich wie noch nie. Blickt man auf die ersten 100 Plätze, geht jeder dritte (33) an eine Künstlerin. Im Jahr 2022 waren es 21 Alben von weiblichen Acts, 2023 dann 29. Auch bei den Singles ist der Trend eindeutig: Waren es 2022 noch 13 Songs von weiblichen Acts, verdoppelte sich die Anzahl 2023. Nun sind es 29.
Gleich fünfmal ist die 26-jährige Musikerin Ayliva dabei. Der ein Jahr ältere Rapper Apache 207 kommt sogar auf sechs Platzierungen, darunter jeweils die gemeinsame Produktion «Wunder» auf Rang zwei.
Der 1926 gestorbene Entfesselungskünstler Harry Houdini schafft es gleich zweimal in die Single-Jahrescharts – zumindest in Form nach ihm benannter Lieder. Die Version von US-Rapper Eminem (52) landet auf Rang 30. Nur fünf Plätze dahinter findet sich die Version von Dua Lipa (29). Im Video zu Eminems «Houdini» tritt sein Alter Ego Slim Shady aus einer Zeitkapsel und trifft auf den heutigen Eminem. Die Britin Dua Lipa wiederum hatte der dpa erklärt, das Lied handle davon, «seinen eigenen Wert in einer Situation oder in einer Beziehung zu erkennen, selbstbewusst zu sein und zu wissen, wann es Zeit ist zu gehen».
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hatte den 80er-Jahre-Hit «Major Tom (Völlig losgelöst)» zur Torhymne während der Europameisterschaft ernannt. Das Lied von Peter Schilling (68) schaffte es so erstmals seit mehr als 40 Jahren wieder in die Top 10, wo es zuletzt im April 1983 stand. Keinem anderen Song sei dies nach so langer Zeit bisher wieder gelungen, teilte GfK Entertainment dazu im Sommer mit. In den Jahrescharts reicht es immerhin für Platz 67.
Übrigens: In den EM-Stadien wurde nach Toren des deutschen Nationalteams ein anderes Lied gespielt – «Fire» von Meduza, OneRepublic & Leony. Der Song schaffte es allerdings nicht in die Top 100 der offiziellen Jahrescharts.
Herbert Grönemeyers «Zeit, dass sich was dreht» wurde 2006 zur Hymne der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland. Der 68-Jährige und Rapper $oho Bani interpretierten das Lied nun neu. Der Rap-Remix kletterte zur Fußball-Europameisterschaft die Charts hoch und erreicht in der Jahresauswertung den siebten Platz. Von dem Erfolg wollten zuletzt auch CDU und Grüne zehren – doch Grönemeyer verbot ihnen, den Hit für Wahlkampfzwecke zu nutzen. Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck hatte die eingängige Melodie in einem Video rund um seine Bewerbung gesummt. Das musste er löschen.
Passend zur Vorweihnachtszeit fallen auch die guten alten Klassiker in den – wohlgemerkt – Jahrescharts auf. Die wurden allerdings ab Kalenderwoche 50 im vergangenen Jahr gezählt. Verkäufe, Downloads und Streamings aus zwei Adventswochen 2023 zählen also mit. Mariah Carey schafft es mit «All I Want For Christma Is You» auf Rang 48. Direkt dahinter rangieren Wham! mit «Last Christmas», gefolgt von Shakin’ Stevens‘ «Merry Christmas Everyone» auf dem 77. und «Driving Home for Christmas» von Chris Rea auf dem 91. Platz. Dean Martin ist an 94. Stelle mit «Let It Snow! Let It Snow! Let It Snow» zu hören, drei Ränge dahinter Melanie Thorntons «Wonderful Dream (Holidays Are Coming)».
Ein Revival wie «Unwritten» – aber eher unrühmlicher Art – erlebte in diesem Jahr auch der Hit «L’Amour toujours» von Gigi D’Agostino. Bei mehreren Vorfällen grölten Menschen rassistische Parolen zu der Melodie, der bekannteste ereignete sich zu Pfingsten auf Sylt. Doch obwohl einige sich das Original in dem Zusammenhang nochmal anhörten, schaffte es der Song nicht in die Jahrescharts. «L’amour toujour» war dieses Jahr nur neun Wochen platziert, davon eine Woche in den Top 10, wie ein Sprecher mittelte. Das reicht nicht für eine Platzierung in den Jahrescharts, die nur bis Rang 100 reichen.
Quelle: dpa