In den Katakomben des schmucken Stadions von Juventus Turin hängen die Bilder der großen Club-Legenden. Wer hindurchgeht, wird direkt an die ruhmreichen Zeiten des italienischen Fußball-Rekordmeisters erinnert. Topstars wie Gianluigi Buffon, Pavel Nedved oder Alessandro Del Piero haben die Bianconeri aktuell zwar nicht in ihren Reihen, die Strahlkraft der «Alten Dame» ist aber immer noch enorm.
Auf den VfB Stuttgart wartet in der Ligaphase der Champions League am Dienstag (21.00 Uhr/DAZN) das nächste Highlight. Die Schwaben sind gefragt und als Vizemeister gejagt. Das ist eine Herausforderung.
«Es ist eine Mega-Aufgabe für uns», sagte Torhüter Alexander Nübel mit Blick auf die Partie in Turin. Dennoch freue man sich. «Es gibt Schlechteres», meinte der 28-Jährige – und hat damit sicher recht. Flutlicht, Königsklassen-Hymne, zu Gast bei einem Weltverein.
Auf der einen Seite ist es für den Keeper und seine Kollegen vom VfB ein weiterer Feiertag. Auf der anderen Seite fehlten den Stuttgartern zuletzt die Ergebnisse, um wirklich feiern zu können. In der Champions League sind sie nach den ersten beiden Gruppenspielen noch sieglos – und daher gegen Juve nun gefordert.
Gegen Real Madrid (1:3) hatten sich die Schwaben zum Auftakt des Wettbewerbs für eine gute Leistung nicht belohnen, gegen Sparta Prag (1:1) anschließend nur in den zweiten 45 Minuten überzeugen können. Insgesamt hat der VfB inzwischen schon vier Pflichtspiele in Serie nicht mehr gewonnen.
Die 0:4-Klatsche in der Liga beim FC Bayern München am vergangenen Samstag war ein gewaltiger Tiefschlag. Sie deckte schonungslos das eine oder andere Problem auf, das dem VfB derzeit zu schaffen macht.
Eines davon ist die Belastung. «Das gehört dazu», sagte Nübel über die vielen Einsätze, die gerade die Nationalspieler in diesen Wochen haben. Man sei ja auch gern in den Auswahl-Teams dabei. Das sei schließlich eine «Ehre», so der Torhüter, der beim 2:1 gegen Bosnien-Herzegowina in der Nations League kürzlich sein Debüt im DFB-Dress gegeben hatte.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass das Gros der Stuttgarter Spieler eine solche Frequenz noch nicht gewohnt ist. Neben den Europapokalpartien kommen für viele inzwischen auch Länderspiele dazu. Und nicht jedem scheint es zu gelingen, da Woche für Woche die Spannung zu halten.
Die Profis müssten da schon Dinge verarbeiten und sich immer erst wieder im jeweiligen Kreis einsortieren, erklärte Sportvorstand Fabian Wohlgemuth nach der Abreibung in München. Trainer Sebastian Hoeneß hatte angekündigt, in den Englischen Wochen daher auch mal zu rotieren. Gegen die Bayern tat er es bereits, in Turin wird er es wohl wieder tun.
Offensiv fehlt es dem VfB mal an Durchschlagskraft, mal an Effizienz. Womöglich, gerade weil die Spieler in so vielen Wettbewerben unterwegs sind, fehlt es auch mal an den letzten Kräften und damit verbunden dem entscheidenden Quäntchen an Konzentration. Zudem haben sich die Gegner besser auf Stuttgarts Stil eingestellt – ist ja schließlich der Vizemeister.
Was die Sache zusätzlich erschwert, ist die löchrige Defensive. 15 Gegentore hat der VfB allein in der Liga diese Saison schon kassiert, das 5:0 im DFB-Pokal bei Zweitligist Preußen Münster war das bislang einzige Pflichtspiel zu null. Noch können die im Sommer verkauften Waldemar Anton und Hiroki Ito durch Jeff Chabot und Anthony Rouault im Abwehrzentrum nicht voll ersetzt werden. Wäre auf die Defensive Verlass, ginge womöglich vieles einfacher.
Gegen Juve, das in seinen bisherigen zehn Pflichtspielen dieser Saison unter dem neuen Trainer und früheren Weltklasse-Spieler Thiago Motta noch nicht verloren hat, wartet nun also das nächste Highlight – und der nächste Stresstest für die Schwaben.
Quelle: dpa