Demonstrationen

Georgiens Polizei meldet über 100 Festnahmen nach Protesten

30. November 2024 , 11:41 Uhr

Die Demonstrationen gegen die Regierung in Georgien weiten sich nach deren Absage an EU-Beitrittsverhandlungen aus. Zehntausende waren in der Nacht auf der Straße. Die Polizei reagiert mit Härte.

Die Polizei in der Südkaukasusrepublik Georgien hat nach eigenen Angaben allein in der Hauptstadt Tiflis (Tbilissi) 107 Menschen bei Protesten in der vergangenen Nacht festgenommen. «Ungeachtet der mehrfachen Aufrufe von Vertretern des Innenministeriums, sprengte die Aktion auf dem Rustaweli-Prospekt vor dem Parlamentsgebäude Georgiens mehrfach die vom Gesetz für Versammlungen und Kundgebungen festgelegten Normen», teilte das Ministerium zur Begründung mit. Demonstranten hätten Polizisten mit Steinen beworfen, Barrikaden gebaut und Gegenstände verbrannt. Auslöser der Proteste sind die aus Sicht der Opposition gefälschten Wahlen und die Ankündigung der Regierung, die Beitrittgespräche mit der EU auf Eis zu legen.

Die Demonstrationen in der Nacht waren Augenzeugen zufolge die größten in den vergangenen Wochen. Zehntausende sollen sich in Tiflis daran beteiligt haben, auch in anderen Städten wurde demonstriert. Der Unmut ist groß, die Mehrheit der Bevölkerung ist Umfragen zufolge für einen EU-Beitritt, der auch als Ziel in der Verfassung festgeschrieben ist. 

Laut Polizeibericht wurden zehn Beamte bei den Auseinandersetzungen verletzt. Einer davon sei nach wie vor im Krankenhaus. Zur Anzahl der verletzten Demonstranten machten die Behörden keine Angaben. Die Polizei setzte beim Auseinandertreiben der Menge Wasserwerfer und Tränengas ein.

Ende Oktober hatte sich die Regierungspartei Georgischer Traum bei umstrittenen Parlamentswahlen die Mehrheit gesichert. Nach schwerer Kritik – auch aus Brüssel – am Ablauf der Wahl, aber auch am zunehmend autoritären Kurs der Regierung, erklärte Ministerpräsident Irakli Kobachidse, die EU-Beitrittsverhandlungen mit der EU bis 2028 auszusetzen. 

Georgischer Traum betrachtet die Brüsseler Kritik als Einmischung und Erpressung. Die Opposition wiederum befürchtet, dass durch die Abkehr von Europa Russland wieder mehr Einfluss in Georgien bekommt.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock bekundete ihre Solidarität mit den Demonstranten. Diese hätten den Wasserwerfern der Polizei die EU-Flagge entgegengehalten, schrieb sie auf der Plattform X. Der Kandidatenstatus sei für Georgien eine historische Chance. «Es ist an der Regierung, die Stimme ihres Landes zu hören», forderte sie.

Quelle: dpa

Das könnte Dich auch interessieren

28.11.2024 Tausende demonstrieren nach Georgiens Absage an die EU Seit Monaten gibt es in Georgien Demonstrationen gegen die Regierungspartei. Nun kappt die Führung den Gesprächsfaden mit Brüssel. In der Hauptstadt Tiflis ist die Lage gespannt. 03.12.2024 Ausschreitungen in Georgien - Regierung bietet Gespräch an Die Abkehr vom EU-Kurs des Landes treibt die Menschen in Georgien seit Tagen auf die Straßen. Jetzt will der Ministerpräsident eine Debatte führen. Und spricht von einem Irrtum. 02.12.2024 Proeuropäischer Protest in Georgien - Lage spitzt sich zu Die Abkehr vom EU-Kurs des Landes treibt die Menschen in der Südkaukasusrepublik Georgien auf die Straße. Auch der große Nachbar Russland schaut genau hin. 03.12.2024 EU-Chefdiplomatin: Ukraine-Friedenstruppe nicht ausschließen Während in der Ukraine ein erbitterter Krieg tobt, gibt es bereits Überlegungen für eine Nachkriegszeit. Die Frage ist, wer dann für Sicherheit sorgen könnte.