Die Präsidentenwahl in Rumänien muss wiederholt werden. Das entschied das Verfassungsgericht des Landes nach Kontroversen um den in der ersten Wahlrunde erstplatzierten rechtsextremen und kremlfreundlichen Kandidaten Calin Georgescu. Zudem müssen alle Kandidaturen neu geprüft werden. Eine Begründung will das Gericht nachreichen.
Wann eine neue Wahl stattfinden wird, steht noch nicht fest. Dies müsse die neue Regierung entscheiden, die nach der Parlamentswahl vom 1. Dezember gebildet werden soll, sagte Staatspräsident Klaus Iohannis. Sein Mandat würde normalerweise am 21. Dezember enden. In der neuen Situation werde er aber im Amt bleiben, bis sein Nachfolger gewählt wird, sagte Iohannis weiter. Wann die neue Regierung gebildet wird, ist unklar.
Georgescu bezeichnete die Gerichtsentscheidung als «Staatsstreich». Sein Team kündigte rechtliche Schritte an. Auch seine bisherige Gegenkandidatin, die westorientierte Politikerin Elena Lasconi, kritisierte die Entscheidung des Verfassungsgerichts scharf.
Einen Tag zuvor war der in der nun für ungültig erklärten Wahlrunde siegreiche Georgescu wegen seines Wahlkampfs auf der Online-Plattform Tiktok ins Visier der Justiz geraten. Die oberste Staatsanwaltschaft hat nach eigenen Angaben Ermittlungen dazu aufgenommen. Sie bezieht sich dabei auf Angaben der rumänischen Geheimdienste und anderer Sicherheitsorgane, die am Vortag auch öffentlich gemacht worden waren. Rumäniens Auslandsgeheimdienst SIE geht davon aus, dass von Russland gesteuerte Manipulationen zu Georgescus Erfolg beigetragen haben.
Georgescu hatte in der ersten Runde der Präsidentenwahl vom 24. November völlig überraschend die meisten Stimmen auf sich vereint. Auf Platz zwei kam die konservativ-liberale Politikerin Elena Lasconi. Am Sonntag sollte es eine Stichwahl zwischen beiden Kandidaten geben. Diese findet nun nicht statt.
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zielen darauf ab, ob bei Georgescus Tiktok-Kampagne die Wähler mit Methoden beeinflusst wurden, die laut Rumäniens Wahlgesetz verboten sind. Ferner solle ermittelt werden, ob es dabei zu Geldwäsche gekommen ist. Georgescu hatte vorher der Wahlbehörde erklärt, er habe für seinen äußerst intensiven Wahlkampf bei Tiktok «null» Finanzmittel aufgewendet.
Georgescu äußerte sich entschlossen, seinen Kampf fortsetzen zu wollen. Ob er erneut eine Kandidatur für das Präsidentenamt starten wolle, sagte er aber nicht explizit. «Der Sieg gehört Gott, und wir sind nur die Mittel, mit denen sein Wille verwirklicht wird», sagte er in einer Videoansprache, die er auf Facebook veröffentlichte. Die Gerichtsentscheidung beweise, dass in Rumänien «der Rechtsstaat im künstlichen Koma» und die Demokratie angegriffen worden sei. «Es ist Zeit zu zeigen, dass wir ein mutiges Volk sind», sagte er weiter.
Georgescus Team kündigte zudem rechtliche Schritte an. Es gehe nicht darum, das Verfassungsgericht anzuklagen, weil dies formell rechtlich nicht möglich sei. Vielmehr wolle Georgescu Anklage gegen die Wahlbehörde und gegen das dieser untergeordnete zentrale Wahlbüro erheben. Diese beiden Institutionen seien nicht verpflichtet gewesen, den Beschluss des Verfassungsgerichts umzusetzen, erklärte Georgescus Team auf dessen Facebook-Seite. Unabhängige Juristen äußerten sich zunächst nicht zu dieser Auslegung der Rechtslage.
Die bisherige Kandidatin Lasconi verurteilte die Entscheidung des Gerichts scharf: «Heute ist der Moment, in dem der rumänische Staat die Demokratie mit Füßen getreten hat», sagte sie. Vor der Entscheidung hatte Lasconi betont, es sei wichtig für Rumäniens Demokratie, dass Georgescu bei einer regulären Wahl besiegt werde und nicht durch Gerichtsentscheidungen.
Hingegen begrüßte Ministerpräsident Marcel Ciolacu von der Sozialdemokratischen Partei (PSD) den Gerichtsbeschluss: Es sei die «einzig richtige» Entscheidung gewesen, nachdem die Sicherheitsorgane Dokumente veröffentlicht hätten die belegen würden, dass Russland die Wahl manipuliert habe.
Die Wiederholung des ganzen Wahlprozesses bedeutet auch, dass die Kandidaten, bevor sie antreten können, vom Verfassungsgericht noch einmal bestätigt werden müssen. Dies kann mehrere Wochen dauern.
Quelle: dpa