Die tödlichen Polizeischüsse von Nürnberg am Wochenende haben neue Fragen über den Schusswaffeneinsatz von Polizisten aber auch zu deren Sicherheit im Einsatz aufgeworfen. Polizisten in Bayern haben in diesem Jahr bereits vier Menschen erschossen.
Im vergangenen Jahr war es nur ein Toter durch Polizeischüsse, im Jahr davor starben zwei Menschen durch Kugeln aus Polizeiwaffen im Freistaat. Vier Tote durch Polizeischüsse hatte es nach einer inoffiziellen Statistik des Magazins «Bürgerrechte und Polizei» (CILIP) in Bayern zuletzt 1997 gegeben. Gleichzeitig ist aber auch die Gewalt gegen Polizisten deutlich gestiegen.
Nach Angaben des bayerischen Innenministeriums wurden durch Beamte der bayerischen Polizei in diesem Jahr drei Menschen getötet. Zwei Fälle ereigneten sich in München. Zuletzt erregte ein Fall in Nürnberg Aufmerksamkeit, als am Wochenende eine Polizeistreife einen 51-Jährigen erschoss, während er seine Ehefrau mit einem Messer bedrohte.
Am vierten Fall waren keine bayerischen Polizisten, sondern Beamte der Bundespolizei beteiligt. In Lauf bei Nürnberg schossen sie im Juli einen Mann nieder, der die Einsatzkräfte nach Polizeiangaben mit einem Messer direkt angegriffen hatte.
Beim Landeskriminalamt, das üblicherweise in solchen Fällen ermittelt, sind derzeit sechs Ermittlungsverfahren wegen Schusswaffengebrauchs von bayerischen Polizeibeamten anhängig, wie die Behörde auf Anfrage mitteilte. Das Innenministerium hat in diesem Jahr neben den drei durch bayerische Polizisten getöteten Menschen vier weitere Fälle gezählt, in denen Personen durch Schusswaffeneinsätze von Polizisten verletzt wurden.
Der Grünen-Landtagsabgeordnete Florian Siekmann hat eine Anfrage an die Landesregierung gestellt, um die Häufung der Schüsse zu erklären. Er wolle auch in Erfahrung bringen, ob im Einzelfall die Anwendung milderer Mittel möglich wäre.
Das Töten von Angreifern – auch wenn es sich um Kriminelle handelt – wird allgemein als letztes Mittel angesehen, das es möglichst zu vermeiden gilt. Aus seiner Sicht spielen die Angriffe mit Messern eine immer größere Rolle – nach der tödlichen Attacke auf einen Polizisten in Mannheim auch psychologisch.
Das bayerische Innenministerium verweist auf eine in den vergangenen Jahren deutlich gestiegene Gewaltbereitschaft bei Straftätern. «Die Bereitschaft, Polizistinnen und Polizisten gezielt zu verletzen und sogar deren Tod zumindest in Kauf zu nehmen, hat in den letzten Jahren zugenommen», heißt es in einer schriftlichen Antwort auf eine entsprechende Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Die Zahl der Fälle von körperlicher Gewalt gegen Polizisten seien in der Zeit seit 2010 um 35,3 Prozent gestiegen. Die Zahl von verletzten Einsatzkräften sei sogar um 86,2 Prozent auf 3.050 Verletzte im vergangenen Jahr gestiegen.
Die polizeiliche Ausbildung sei darauf abgestimmt worden. So sei etwa 2023 ein neues Ausbildungsmodul eingeführt worden, in dem eigens der Umgang mit Messerangreifern trainiert werde. Grundprinzip bleibe die Deeskalation.
Quelle: dpa